Die neue Bundesregierung um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat einen interdisziplinären Pandemierat ins Leben gerufen, der die Regierung bei den anstehenden Entscheidungen in der Coronavirus-Pandemie beratend zur Seite stehen soll.
Eine Pandemie ist eine komplexe Ausnahmesituation, in der die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit durch die Politik notwendig sind, um eine Gesellschaft bestmöglich durch die Krise zu bringen. Um die Entscheidungen der Politik auf ein wissenschaftliches Fundament zu stellen, hat beispielsweise Großbritannien eine Scientific Advisory Group for Emergencies (SAGE). Die Zusammensetzung der SAGE richtet sich nach der Natur des Notfalls und soll dafür sorgen, dass politischen Entscheidungsträgern abgestimmte wissenschaftliche Empfehlungen zur Verfügung gestellt werden.
In Deutschland gab es einen solches Gremium bisher nicht. Politiker*innen ließen sich auf individueller Basis bei Ihren Entscheidungen durch diverse Expert*innen beraten. Dies führte teils zu Unmut, da sich bestimmte Gruppen nicht gehört fühlten und entgegengesetzte Einschätzungen in der Presse breitgetreten wurden. Zudem gab es einigen Medien Anlass für Spekulationen über Beeinflussungen durch Einzelpersonen, was die BILD Zeitung beispielsweise dazu veranlasste den Virologen Christian Drosten als „Corona-Flüsterer der Kanzlerin“ zu bezeichnen.
Die neue Bundesregierung hat sich nun dazu entschlossen eine Pandemierat einzurichten, der die Regierung bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie beraten soll. Dem Gremium gehören 19 verschiedene Personen an, die unterschiedliche Fachexpertisen mit einbringen sollen (siehe Tabelle). Neben Virologen und Medizinern sind auch Psychologen, Modellierer, ein Bioinformatiker, eine Medizinethikerin und je ein Vertreter des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) und der Kommunalpolitik vertreten. Auch wenn das Gremium nicht alle Fachdisziplinen abdecken kann, ist dies ein erster offizieller Ansatz um die Politik durch interdisziplinär erarbeitete wissenschaftliche Empfehlungen in dieser Pandemie zu unterstützen.
Tabelle: Mitglieder des Pandemierates der Bundesregierung (Stand 14.12.21)
Name |
Expertise |
Funktion |
Cornelia Betsch |
Psychologin |
Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt |
Reinhard Berner |
Pädiater |
Direktor der Kinderklinik der Uniklinik Dresden |
Melanie Brinkmann |
Virologin |
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung |
Alena Buyx |
Medizinethikerin |
Vorsitzende des Deutschen Ethikrats |
Jörg Dötsch |
Pädiater |
Präsident Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin |
Christian Drosten |
Virologe |
Institutsleiter Charité - Universitätsmedizin Berlin |
Christine Falk |
Biologin |
Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie |
Ralph Hertwig |
Psychologe |
Direktor des Forschungsbereichs Adaptive Rationalität am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung |
Lars Kaderali |
Bioinformatiker |
Institut für Bioinformatik Universitätsmedizin Greifswald |
Christian Karagiannidis |
Mediziner |
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin |
Hayo Kroemer |
Pharmakologe |
Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité |
Thomas Mertens |
Mediziner |
Chef der Ständigen Impfkommission |
Michael Meyer-Hermann |
Physiker |
Leiter der Abteilung System-Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung |
Johannes Niessen |
Mediziner, ÖGD |
Leiter Gesundheitsamt Köln |
Viola Priesemann |
Physikerin |
Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation |
Leif Erik Sander |
Immunologe |
Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfforschung der Charité |
Hendrick Streeck |
Virologe |
Institutsleiter Universität Bonn |
Stefan Sternberg |
Kommunalpolitiker |
Landrat von Ludwigslust-Parchim |
Lothar Wieler |
Veterinärmediziner |
Präsident des Robert Koch-Instituts |
Mit Christian Drosten und Lothar Wieler sind auch zwei Mitglieder der Zoonosenplattform im Gremium vertreten. Wir wünschen dem Pandemierat eine erfolgreiche und produktive Zusammenarbeit. Die erste Sitzung soll am 14.12.2021 stattfinden.
Text: Dr. Dana A. Thal für die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen