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Dengue im Hochgebirge

Source: https://phil.cdc.gov/ ; Photo Credit: James Gathany

Dengue im Hochgebirge - Einblicke in die Arbeit von Prof. Dr. Ruth Müller

Ruth Müller, Professorin am Tropeninstitut der Universität Antwerpen und Leiterin der Nachwuchsgruppe AECO im Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten an der Goethe Universität in Frankfurt am Main untersucht im Himalaya Tropenkrankheiten – um deren Entwicklung in Europa im Lichte des Klimawandels besser zu verstehen.

 

Die Asiatische Tigermücke ist maximal zehn Millimeter groß, eher kleiner. Sie vermehrt sich in kleinsten Wasseransammlungen. In Astlöchern oder ausgehöhlten Steinen, Blumenvasen, Untersetzern und Autoreifen, in denen Wasser steht. Sie kommt aus Südostasien und eigentlich fällt sie kaum auf. Würde sie nicht das Dengue-Fieber übertragen. Und Zika. Das Chikungunya auch.  

Ruth Müller sucht nach der Asiatischen Tigermücke im Himalaya.

Die Asiatische Tigermücke ist nicht nur ein effektiver Krankheitsüberträger, sie ist mittlerweile fast global verbreitet. In 26 europäischen Ländern wurde sie bisher nachgewiesen, in Deutschland erstmals im September 2007, auf einer Autobahnraststätte in Baden-Württemberg – mittlerweile auch in Populationen, die sich etabliert haben und die hiesigen Winter überstehen.

Warum dann der Himalaya? Das asiatische Hochgebirge ist ein idealer Gradmesser wie sich die Tiere an den Klimawandel anpassen können. Müller ist Leiterin der Nachwuchsgruppe AECO. Sie leitet eine Untersuchung mit dem offiziellen Titel: „Vektorbiologie der Asiatischen Tigermücke Aedes albopictus und die sozial-ökologischen Faktoren für deren Prävention und Bekämpfung in kühleren Ökoregionen.“ Klingt umständlich und meint, dass die Kältetoleranz der Stechmücken erforscht werden soll - um daraus Schlüsse für ihre Bekämpfung zu ziehen, zuerst in Nepal, perspektivisch aber auch in Deutschland. Zudem soll die Art der Verbreitung der Tiere in für sie neue Regionen untersucht werden: Wie genau funktioniert das? Wie schnell geht es?

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und ist Teil des Nationalen Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten - denn die Tigermücke ist ein effizienter Krankheitsüberträger. Ungewöhnlicherweise sticht sie tagsüber den Menschen. Bei ihrer Blutmahlzeit muss sie daher sowohl hartnäckig als auch vorsichtig sein – und oft abbrechen, ohne genügend Blut für die Produktion der Eier aufgenommen zu haben. Daher stechen Asiatische Tigermücken in einem Eiablagezyklus oft mehrere Wirte. Die Eigenheit, Wirte verschiedener Arten zu stechen, macht sie zu einem Brückenvektor, also einem Überträger, der Erregern den Wechsel von einer Art zur nächsten ermöglicht.

Vor allem die Eier der Tiere helfen Müller und ihrem Team bei der Erforschung der Verbreitung, kommen sie doch auch mit niedrigen Temperaturen erstaunlich gut zurecht. Etwa ein Sechstel der Eier der tropischen Stechmücken überlebt eine Woche lang bei -2°C und immerhin noch ein Zwanzigstel der Eier zwei Tage bei -6°C.  Weil der Klimawandel mittelfristig solche Wintertemperaturen verhindert, kommt die subtropische Tigermücke mittlerweile nicht nur vermehrt in Europa vor, sondern auch an Orten, wo es noch weniger erwartbar ist.

Gerade die Hindukusch-Himalaja Region ist besonders anfällig für Klimaveränderungen – was sie besonders interessant für die Klimawandelforschung macht. De Veränderung des Klimas liegt hier deutlich über dem globalen Durchschnitt. Die Hindukusch-Himalaja Region ist über 3500 Kilometer lang und erstreckt sich von Afghanistan im Westen bis Myanmar im Osten. Drei mückenübertragene Viruserkrankungen sind dort endemisch: die Japanische Enzephalitis, Chikungunya und das Dengue-Fieber. Zudem steigt das Risiko für Zika. Die krankheitsübertragenden Tigermücken sind mittlerweile bis in eine Höhe von 2000 Meter etabliert. Durch die Klimaerwärmung nimmt deren geografische Ausdehnung und die Dauer der Stechmückensaison zu.

Müller und ihr Team sammeln die Eier der Tiere entlang eines Klimagradienten, der die Klimaerwärmung verlässlich und vor allem vergleichbar dokumentiert – um sie dann auf ihre Kältefestigkeit und Plastizität zu untersuchen. Einerseits. Andererseits untersucht das Team Wissen und Einstellung der Menschen vor Ort zu mückenübertragenen Krankheiten. So kann etwa die soziale Akzeptanz verschiedener Maßnahmen gegen die Stechmücken bewertet werden – etwa die Umgestaltung von Wasserspeichern, damit sie sich weniger als Brutplatz für Mücken eignen.

Schließlich beginnt One Health im Kleinen. Der Ansatz beschreibt die Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen, in diesem Fall auf lokaler Ebene. In Nepal bedeutet das: Wenn die Wissenschaftler herausfinden, dass die Hauptvermehrung der Tigermücke in kleinen Pfützen in alten Autoreifen stattfindet, wie das in Nepal der Fall ist, müssen die Behörden dafür sorgen, dass die Reifen fachgerecht entsorgt werden. Was in Nepal gerade passiert.

 

Quellen:

  • Parasites & Vectors. Does winter cold really limit the dengue vector Aedes aegypti in Europe? Manuscript Number: PARV-D-20-00081
  • AECO summary report ento-field-work, September 2019
  • AECO short report, September 2019
  • People’s Knowledge, Attitude and Preventive Practices regarding Dengue Disease in Central Nepal, Parbati Zoonoses Conference 2019

Koordinationsbüro

c/o Institut für Virologie Charité - Universitätsmedizin Berlin
Campus Charité Mitte
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